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Andacht

»Kein Feu­er, kei­ne Koh­le kann brennen so heiß wie heim­li­che Lie­be, von der nie­mand nichts weiß«, heißt es im Volks­lied. Da ahnt je­mand, wie es warm ums Herz wird, wie ihn et­was treibt (»an­feu­ert«). Mit mir ge­schieht et­was. Ich muss es mir selbst erst ein­mal ein­ge­ste­hen, bis ich es dem ge­lieb­ten Men­sch­en ge­ste­hen kann, und wir schließ­lich ohne Scheu unser großes Glück öffent­lich ma­chen.

Brannte nicht un­ser Herz in uns, da er mit uns re­de­te?
Mo­nats­spruch für April aus Lukas 24, 32

Da woll­ten zwei den grau­sa­men Tod ih­res Freun­des hin­ter sich lassen. Lang­sam dämmert es ih­nen im Aus­tausch da­rü­ber: Mit dem ent­setz­li­ch­en Ge­sche­hen ist die Sache mit Je­sus nicht zu En­de. Lie­be lebt. ER lebt, ganz in un­se­rer Nä­he, mit uns, in sei­nen Wor­ten, im ge­wohn­ten Mahl. So be­freit vom Trü­ben und Ängst­li­ch­en be­kommen sie ne­ue Kraft. Mit ih­rem Glück stoßen sie auf das Glück an­de­rer. Brennen für Jesus!

Auch beim Pro­phe­ten Joel spielt das Feu­er eine Rolle:

Zu dir ru­fe ich, Herr; denn Feu­er hat das Gras der Steppe ge­fressen, die Flammen ha­ben alle Bäu­me auf dem Feld ver­brannt. Auch die Tie­re auf dem Feld schrei­en lech­zend zu dir; denn die Bäche sind ver­trocknet.
Monatsspruch für Mai aus Joel 1, 19. 20

Ein Feu­er hat die Le­bens­grund­la­gen für Mensch und Tier zer­stört. Ich wer­de da­bei das Bild mei­ner zer­stör­ten Hei­mat­stadt Dres­den nicht los. In Pill­nitz hatten wir Kin­der es schön: Spiel­platz ge­nug, auch an der El­be. Wir wohn­ten in ei­nem Haus mit Ver­trie­be­nen, Äl­te­ren ohne An­hang, ei­ne bun­te Schar - aber es gab gu­ten Zu­sammen­halt, ge­mein­sa­me Un­ter­neh­mung­en, Fei­ern. Bei den Gro­ßel­tern in der Süd­vor­stadt wa­ren wir auch gern. Da­zwi­schen aber lag, so weit man schau­en konnte, ein to­tes Ru­i­nen­feld und selbst die Ge­bäu­de­res­te bar­gen ei­ne töd­li­che Ein­stur­zge­fahr. Der Kreuz­kan­tor Ru­dolf Mau­ers­ber­ger ver­ton­te be­rüh­rend »Wie ist die Stätte so wüst und leer«“ mit dem mehr­fa­ch­en ein­dring­li­ch­en Kla­ge­ruf »Warum?« Die­se Fra­ge ist ohne Vor­wurf, ohne Schuld­zu­weis­ung ge­stellt. Wie konnte das ge­sche­hen? Was ha­be ich / ha­ben wir falsch ge­macht. Warum?

»Ich ru­fe zu Gott,« sagt Joel. Die­se Fra­ge kann man nicht mit sich selbst allein lö­sen. Da ver­brennt man inner­lich. Im Ges­präch mit Gott kann ich besser mit dem so vie­len »Wüst und Leer« um uns he­rum, vielleicht auch in uns um­ge­hen. Es ist wie bei »der heim­li­ch­en Lie­be«: Sie be­ginnt mit dem Sich - Selbst - Ein­ge­ste­hen: Ich ha­be Gott lieb, über den Tod hi­naus, über das Un­be­greif­ba­re, sei­ne Fer­ne. (Ein Ge­bet aus dem War­schau­er Ghetto: Wäre Gott nicht so fern ge­we­sen, wäre die Not nicht so groß ge­we­sen.)

Und ir­gend­wann wird dann ei­ner auch sich selbst fra­gen: Wa­rum sagst du das nicht? Wa­rum hältst du hin­term Ber­ge mit dem, was du - mit Gott im Bun­de, mit dem le­ben­dig­en Chris­tus an der Sei­te, un­ter­stützt von dem be­le­ben­den Geist ‒ zu sa­gen hast?

In Hin­ter­herms­dorf lern­te ich das Wort »ois­ter­lich« kennen. Es steht für gru­se­lig, schreck­lich, ent­setz­lich, angst­ma­chend. Wie viel da­von be­wegt uns! Was ist los mit uns und um uns herum?

Statt all das »Ois­ter­li­che“ wei­ter zu sa­gen (Wahn­sinn, wie viel Falsch­mel­dung­en das noch ver­schlimmern!) ha­ben wir »Ös­ter­li­ch­es« zu ver­mel­den: Das Froh­mach­en­de, Be­frei­en­de, Be­glück­en­de, das, was Gottes Nahe­sein aus­macht.

Konrad Creutz, Pfarrer i. R.